Omer Fast

Erzählen und Wiedererzählen

„Meine Arbeit beginnt als eine Art halbblinder Versuch, etwas zu verstehen, das auf den ersten Blick bekannt wirkt – meist im familiären oder professionellen Kontext.“

Omer Fasts Kunst umfasst Film ebenso wie Installationen. Er arbeitet mit fiktionalem und dokumentarischem Material gleichermaßen. Oft liegt seine Aufmerksamkeit dabei auf dem, was er „Schwellenfiguren“ nennt: Individuen, deren Erfahrungen im Leben oder in der Arbeit sie Grenzen überschreiten lassen, reale wie symbolische. Soldaten, Migranten, Bestatter oder Pornodarsteller erscheinen in Fasts Arbeit als Gesandte aus unsichtbaren oder tabuisierten Zonen. Sie erzählen von Realitäten, die nur wenige von uns selbst erleben.

 

Remainder, 2015 (Standfoto)

 

„Ich möchte meine Themen offen angehen. Ich bin auf der Suche nach Auffälligkeiten oder Problemen, und wenn ich sie nicht finden kann, dann erfinde ich sie. Mein Ziel ist es aber nicht, Realität und Fiktion zu vermischen, sondern soziale Beziehungen als kodifizierte Systeme unter die Lupe zu nehmen, in denen eine Menge Täuschung und Rollenspiel vonnöten ist.“ Fast wendet brechtsche Verfahren an, setzt disparate Erzählperspektiven gegeneinander und verwickelt damit die Aussagen seiner Figuren. Mal taucht er selbst als Rolle auf, mal verwendet er Doubles, um weitergehende ethische und strukturelle Fragen stellen zu können. In seinem Werk finden sich lineare Kinoprojektionen ebenso wie Mehrkanalinstallationen, die in bühnenartigen Nachbauten konkreter Settings präsentiert werden.

 

Dreharbeiten für Looking Pretty for God, 2008, Foto: Jil Frank

 

Omer Fast wurde 1972 in Jerusalem geboren. Seit dem Abschluss seines Studiums im Jahr 2000 hatte er international mehr als 200 Ausstellungen, darunter Einzelausstellungen im Whitney Museum in New York, im Jeu de Paume in Paris und dem Martin-Gropius-Bau in Berlin. Er war an Gruppenausstellungen wie der documenta 13, der 54. Biennale von Venedig sowie der Whitney Biennial 2002 und 2008 beteiligt. Für seine Arbeit The Casting auf der Whitney Biennial 2008 wurde ihm der Bucksbaum-Preis verliehen; 2009 gewann er den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Berlin. Seine Arbeiten sind in mehreren internationalen Sammlungen vertreten, u. a. der Tate Modern, dem Guggenheim Museum, dem Los Angeles County Museum of Art und dem Centre Pompidou. 2016 feierte Remainder, Fasts erster abendfüllender Kinofilm, in der Sektion „Panorama“ auf der Berlinale Premiere.

Omer Fasts Antwort auf die Frage nach dem Mentoring